E-Rechnungspflicht im Tierschutzverein
Erstellt von StB Marco Siebert, 25.11.2024
Ab dem 01.01.2025 gilt in Deutschland eine grundsätzliche Pflicht zum Empfang und zur Ausstellung von elektronischen Rechnungen (E-Rechnungen) zwischen inländischen Unternehmen. Diese Pflicht gilt auch für gemeinnützige Tierschutzvereine, soweit sie Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sind. Nachfolgend möchten wir Ihnen einen Überblick über die sich hieraus für Tierschutzvereine ab dem 01.01.2025 ergebenen Konsequenzen vermitteln.
Was ist eine E-Rechnung?
Eine E-Rechnung ist eine elektronische Rechnung, die in einem maschinenlesbaren strukturierten Daten-Format erstellt, übermittelt und empfangen wird (XML-Datensatz).
Um eine E-Rechnung im XML-Format (z.B. X-Rechnung) für Menschen lesbar zu machen, bedarf es des Einsatzes von Visualisierungsprogrammen. Es gibt aber auch anerkannte hybride Formate, die sowohl einen XML-Datensatz als zusätzlich auch einen menschenlesbaren Datensatz, z.B. im PDF-Format, enthalten (z.B. ZUGFeRD-Rechnungen). Für hybride Formate ist ein Visualisierungsprogramm grds. nicht erforderlich, weil neben dem strukturierten Rechnungsteil bereits eine menschenlesbare Datei integriert ist.
Rechnungen in Form von einfachen PDF-Dateien oder anderen Formaten, wie z.B. Word-Dateien, Excel-Dateien oder Bildformaten sind keine E-Rechnungen im Sinne des Umsatzsteuergesetzes 2025. Sie erfüllen ab dem 01.01.2025 nicht die vorgegebenen Anforderungen an eine E-Rechnung und werden wie Papierrechnungen zukünftig als „sonstige Rechnungen“ bezeichnet.
Ziel der Einführung von E-Rechnungen
Die Neuregelung soll einen wesentlichen Beitrag zur Digitalisierung von Prozessen im Geschäftsverkehr leisten. Aufgrund der strukturierten, für Maschinen eindeutig lesbaren und verarbeitbaren Rechnungsinhalte, können E-Rechnungen beim Einsatz entsprechender Software automatisiert weiterverarbeitet werden. So können sie z.B. von Online-Banking-Programmen ausgelesen und automatisiert Überweisungen vorbereitet werden. Im Vorfeld kann ein digitaler Rechnungsfreigabeprozess implementiert werden, der die manuelle Freigabe von Rechnungen durch „Vorstandskürzel“ ersetzt und bei entsprechender Gestaltung ortsunabhängig durchgeführt werden kann. E-Rechnungen eröffnen damit auch Tierschutzvereinen große Möglichkeiten für effizientere Strukturen. E-Rechnungen sind auch für die später vorgesehene Einführung eines gesetzlichen Meldesystems für bestimmte Rechnungsangaben von Bedeutung.
Sind auch Tierschutzvereine von der E-Rechnungspflicht betroffen?
Ja, betroffen sind alle Tierschutzvereine, die Einnahmen im Rahmen eines Leistungsaustausches erzielen, wie z.B. Einnahmen aus Tieraufnahmen, Tiervermittlungen, Verkäufen, Werbung etc.
Hierbei ist es unerheblich, ob die Tierschutzvereine mit diesen Einnahmen umsatzsteuerpflichtig sind oder eine Umsatzsteuer aufgrund der Unterschreitung der Kleinunternehmergrenze im Sinne des § 19 UStG nicht erhoben wird.
Da die meisten Tierschutzvereine zumindest im geringen Umfang auch Einnahmen im Rahmen eines Leistungsaustausches erzielen, und sei es z.B. nur aus Verkäufen von Kaffee und Kuchen auf dem jährlichen Sommerfest, werden voraussichtlich nahezu alle Tierschutzvereine von der neuen E-Rechnungspflicht betroffen sein.
Einzig Tierschutzvereine, die ausschließlich im ideellen Bereich aktiv sind und keinerlei Einnahmen aus Leistungsaustauschen vereinnahmen, sind von der neuen E-Rechnungspflicht derzeit nicht betroffen.
Ab wann sind Tierschutzvereine betroffen?
I) Entgegennahme von E-Rechnungen ab dem 01.01.2025 (Eingangsrechnungen)
Ab dem 01.01.2025 müssen E-Rechnungen für den unternehmerischen Bereich (Vermögensverwaltung, Zweckbetrieb und grds. steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb) von Tierschutzvereinen empfangen werden können. Es ist u.E. ratsam, die technischen Voraussetzungen für den Empfang von E-Rechnungen für den gesamten Verein zu schaffen, da eine Trennung in der Praxis oft schwierig ist und Eingangsrechnungen oftmals anteilig sowohl den unternehmerischen Bereich als auch den ideellen Bereich eines Tierschutzvereins betreffen.
Tierschutzvereine sollten somit bis zum 01.01.2025 die Voraussetzungen für die Entgegennahme von E-Rechnungen schaffen, denn Rechnungsaussteller müssen keine Rücksicht auf die technische und organisatorische Ausstattung des Rechnungsempfängers nehmen. Ein Anrecht auf Ausstellung einer sonstigen Rechnung, z.B. in Papierform oder als PDF besteht für den Rechnungsempfänger nicht. Abweichend von der bisherigen Rechtslage knüpft die elektronische Rechnungsstellung an Unternehmen bzw. den unternehmerischen Bereich eines Vereins nicht mehr an die Zustimmung des Rechnungsempfängers an.
Für den Empfang von E-Rechnungen ist es grds. ausreichend, dem Rechnungsausteller ein E-Mail Postfach des Vereins zu benennen. Dabei ist es nicht zwingend erforderlich, dass es sich um ein gesondertes E-Mail-Postfach nur für den Empfang von E-Rechnungen handelt. Für eine klare Trennung und mögliche spätere automatisierte Weiterleitung und Weiterbearbeitung wird es u.E. jedoch oftmals sinnvoll sein, für den Empfang von E-Rechnungen ein gesondertes Postfach einzurichten und herauszugeben, wie z.B. rechnung@name-ihres-tierschutzvereins.de.
Für die Übermittlung von E-Rechnungen kann zwischen den Beteiligten auch ein anderes Verfahren vereinbart werden, wie z.B. ein Web-Download.
II) Ausstellung von E-Rechnungen (Ausgangsrechnungen)
Eine E-Rechnungsausstellungspflicht besteht gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 des UStG 2025 grds. nur bei Leistungserbringungen von Tierschutzvereinen an andere inländische Unternehmen. Diese kommen nach unserer Erfahrung in der Praxis bei Tierschutzvereinen gar nicht so häufig vor, wobei dies natürlich immer sehr individuell vom jeweiligen Verein abhängt. Sponsoring- und Werbeleistungen z.B. erfolgen i.d.R. an Unternehmen.
Leistungserbringungen von Tierschutzvereinen an Privatpersonen, z.B. in Form von entgeltlichen Tieraufnahmen, Tiervermittlungen oder Verkäufe von Tierartikel und Tierfutter o.ä. an Privatpersonen, unterliegen nicht der E-Rechnungspflicht. Wenn Rechnungen an Privatpersonen als elektronische Rechnungen oder in einem elektronischen Format (z.B. PDF) erstellt und übermittelt werden sollen, bedarf dies immer der vorherigen Zustimmung des privaten Rechnungsempfängers.
Viele Tierschutzvereine mit angeschlossenem Tierheim erbringen Leistungen an Kommunen/Behörden. Diese Leistungen sind gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 des UStG 2025 zwar in Form einer Rechnung abzurechnen, jedoch ergibt sich aus § 14 UStG für diese Leistungsabrechnung keine steuerliche Verpflichtung zur Abrechnung in Form von E-Rechnungen, es sei denn, die Kommune/Behörde ist unternehmerisch tätig. Eine Verpflichtung zur Abrechnung in Form von E-Rechnungen bei Leistungserbringungen an Kommunen/Behörden kann sich jedoch aus anderen, nichtsteuerlichen bundes- und landesrechtlichen Vorschriften ergeben – hierüber sollten Sie sich entsprechend informieren. Auf Bundesebene und in vielen Bundesländern besteht nach Umsetzung einer EU-Richtlinie (2014/55/EU) über die elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen bereits heute eine E-Rechnungspflicht.
Von der grundsätzlichen E-Rechnungspflicht bei Leistungserbringung von Tierschutzvereinen an inländische Unternehmen gibt es u.a. folgende Ausnahmen:
- Leistungserbringungen von Tierschutzvereinen, die nach den § 4 Nr. 4 bis 29 UStG steuerfrei sind unterliegen nicht der E-Rechnungspflicht. Hierunter fallen z.B. Vermietungsleistungen an andere Unternehmen, soweit nicht zur Umsatzsteuerpflicht optiert wurde.
- Rechnungen deren Gesamthöhe (inkl. Umsatzsteuer) 250 € nicht überschreitet unterliegen als sog. Kleinbetragsrechnungen ebenfalls nicht der E-Rechnungspflicht (33 UStDV).
Für die Leistungserbringungen von Tierschutzvereinen an inländische Unternehmen, die nach Berücksichtigung der vorgenannten Ausnahmen noch der E-Rechnungspflicht unterliegen, gibt es recht großzügige Übergangsfristen, so dass für Tierschutzvereine hier zum 01.01.2025grds. noch keine Handlungsnotwendigkeit besteht.
Ab dem 01.01.2025 können Tierschutzvereine für Leistungserbringungen an inländische Unternehmen E-Rechnungen ausstellen, müssen es aber nicht.
Ab dem 01.01.2027 besteht für Leistungserbringungen von Tierschutzvereinen an inländische Unternehmen eine E-Rechnungspflicht, wenn ihr maßgeblicher Umsatz im Jahre 2026 (ermittelt nach den Grundsätzen des § 19 UStG – also z.B. ohne Spenden, Mitgliedsbeiträgen, Nachlässen etc.) über 800.000 € liegt. Für alle Tierschutzvereine die 2026 unter dieser Umsatzgrenze liegen, beginnt die E-Rechnungspflicht bei Leistungserbringungen an inländische Unternehmen erst ab dem 01.01.2028.
E-Rechnungen als Voraussetzung für den Vorsteuerabzug
Sofern nach dem Umsatzsteuergesetz eine Verpflichtung zur Ausstellung einer E-Rechnung besteht, erfüllt nur eine solche die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug. Vorsteuerabzugsberechtigte Tierschutzvereine müssen somit zukünftig stets prüfen, ob für den Leistungsbezug für den Verein eine E-Rechnung gesetzlich vorgeschrieben ist und diese einfordern, sofern diese vorgeschrieben ist, aber bisher nicht mit einer E-Rechnung abgerechnet wurde.
Gemäß Ausführungen des Bundesfinanzministeriums wird ein Vorsteuerabzug bei Ausstellung von Rechnungen in einem nicht elektronischen Format nicht beanstandet werden, sofern der Tierschutzverein anhand der ihm vorliegenden Informationen davon ausgehen konnte, dass der Rechnungsausteller die für Ausgangsrechnungen geltenden, oben beschriebenen Übergangsregelungen bis zum 31.12.2026 bzw. 31.12.2027 in Anspruch nimmt.
Aufbewahrung von E-Rechnungen
Für E-Rechnungen gelten grds. die gleichen Aufbewahrungsvorgaben wie bisher auch schon für digitale Rechnungen. Sie müssen für die Dauer der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen im gleichen Format archiviert werden, in dem sie übermittelt und empfangen wurden. Ferner müssen bei der Archivierung die Anforderungen der Unabänderbarkeit und die sonstigen Vorgaben der GoBD erfüllt werden.
Achtung: Ein Ausdrucken von E-Rechnungen und eine Archivierung ausschließlich dieser Ausdrucke erfüllt die Aufbewahrungsvorschriften nicht! E-Rechnungen sind immer auch in elektronischer Form aufzubewahren.
Die Finanzverwaltung muss die archivierten Rechnungen im Prüfungsfalle maschinell auswerten können.
Softwarelösungen
Viele Softwareanbieter haben das Thema E-Rechnung in diesem Jahr aufgenommen und ihre Programme entsprechend fortentwickelt und/oder neue, zusätzliche Tools entwickelt.
Die IHK-München hat auf ihrer Homepage eine unverbindliche „Marktübersicht zur E-Rechnung“ zusammengestellt. Diese ist natürlich nicht abschließend und es gibt sicherlich noch viele weitere Softwareanbieter, jedoch können sich Tierschutzvereine hier bei Bedarf zumindest einmal einen ersten Überblick verschaffen.
Für das reine Lesbarmachen z.B. von X-Rechnungen gibt es derzeit auch verschiedene kostenlose Programme/Tools.
Um die Vorteile der maschinellen Lesbarkeit und automatisierten Weiterverarbeitbarkeit von E-Rechnungen für den Verein zu nutzen und dadurch moderne und effiziente Arbeitsabläufe zu schaffen, bedarf es u.E. in der Regel aber geeignete und umfassendere Softwarelösungen. Die Kosten für derartige Softwarelösungen dürften sich durch die effizienteren und zeitsparenden Abläufe aber i.d.R. recht schnell amortisieren.
Fazit
Das Thema E-Rechnungen betrifft ab dem 01.01.2025 unmittelbar auch Tierschutzvereine. Diese müssen bis dahin die Voraussetzungen für den Empfang und die ordnungsgemäße Archivierung von E-Rechnungen schaffen(Eingangsrechnungen).
Für das Erstellen von E-Rechnungen(Ausgangsrechnungen) gibt es Übergansfristen bis zum 31.12.2026 bzw. 31.12.2027. Mit diesem Thema müssen sich Tierschutzvereine daher noch nicht zwingend beschäftigen. Tierschutzvereine können ab dem 01.01.2025 bereits E-Rechnungen an inländische Unternehmen stellen, müssen es aber nicht.
Weitere Informationen und Ausführungen zum Thema E-Rechnungen hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) in einem Einführungsschreiben zum Thema E-Rechnungen ab dem 01.01.2025 zusammengestellt. Dieses Schreiben finden Sie hier. Häufige Fragen zum Thema E-Rechnungen hat das BMF zudem in einem FAQ-Katalog beantwortet. Diesen finden Sie hier.
-----------------------------------------------------------------------------------------------------
StB Marco Siebert
Tel.: 0421/340627-0
Hinweis:
Vorstehende Ausführungen enthalten nur erste Hinweise und sind nicht abschließend und vollständig. U.a. aufgrund der teilweise verkürzten Darstellungen und der individuellen Besonderheiten jedes Vereins und Einzelfalls können und sollen die Ausführungen keine persönliche Beratung im Einzelfall (z.B. durch einen Steuerberater oder Rechtsanwalt o.ä.) ersetzen. Die Auswahl und Aufbereitung der Informationen erfolgt sehr sorgfältig und nach bestem Wissen, jedoch mit Ausschluss von Haftung und Gewähr.
-----------------------------------------------------------------------------------------------------
Marco Siebert
Dipl. Oec. & Steuerberater
Zur Anmeldung zu unserem Infobrief, in dem wir über verschiedene Themen rund um den Tierschutzverein informieren:
Anmeldung